Aus den Verwaltern, die alle Fäden in der Hand haben, wenn der eigentliche Chef verhindert ist oder seine privaten Steckenpferde für wichtiger hält als seine berufliche Aufgabe, ist schon oftmals ein neuer Chef erwachsen. Eines der bekanntesten Beispiele dafür dürfte das Geschlecht der Karolinger sein, die im Frankenreich die Gunst der Stunde nutzten, um selbst König zu werden. Aber auch im Norden der britischen Inseln ereignete sich im späten Mittelalter ein solcher Übergang und das Haus der Stuarts betrat die weltpolitische Bühne. (Artikel von 2016)
Die Stuarts stammten eigentlich aus der Bretagne. Im 12. Jahrhundert kamen sie nach Schottland, wo Walter FitzAlan nicht nur zum Stellvertreter des Königs wurde, sondern auch die Priorei von Paisley gründete, in der im Jahr 1316 der erste Stuart-König Robert II. geboren wurde.
Das Amt des Stellvertreters, auf Englisch Stewart, wurde innerhalb der Familie weitervererbt und wurde so zum Bestandteil des Familiennamens. Die Familie stand treu zur Seite der schottischen Könige. Als daher König Robert I. befürchtete, er könne keinen männlichen Erben mehr bekommen, verheiratete er seine Tochter Marjorie mit dem Sohn seines Stellvertreters. Aus dieser Verbindung ging Robert Stuart hervor, dem im kindlichen Alter von zwei Jahren die Regentschaft zugesprochen wurde.
Um die Fruchtbarkeit des fünfzigjährigen Königs Robert I. stand es jedoch besser, als die meisten erwartet hatten, und so bekam er 1324 doch noch seinen Sohn. David wurde 1329 zum König ernannt, war aber mit seinen fünf Jahren zu jung zum Regieren, so dass der immerhin schon dreizehn Jahre alte Robert dies für ihn übernahm.
Schottland war zu diesem Zeitpunkt jedoch kein friedliches Land. Zwar hatten die Schotten zu Beginn des 14. Jahrhunderts die Fremdherrschaft der Engländer abgeschüttelt, doch diese warteten noch immer auf einen günstigen Moment, Schottland einzunehmen. Bei der Schlacht von Neville’s Cross 1346 trafen beide Heere aufeinander und David wurde für elf Jahre gefangen genommen. In dieser Zeit regierte Robert das Land und sorgte vor allem dafür, dass seine Familie im Nordwesten Schottlands große Ländereien erhielt, die seine Position innerhalb des Königreiches stärkten. Robert ging wohl auch davon aus, dass David aus der Gefangenschaft nicht wiederkehren würde. Doch zum zweiten Mal in seinem Leben wurden seine Erwartungen getäuscht. David kehrte zurück, sollte aber einen Pfand für seine Freilassung zahlen. Da er diesen nicht aufbringen konnte, spekulierte er damit, den englischen König zu seinem Nachfolger zu machen.
Robert reichte es. Er rebellierte 1363 offen gegen den König, um an seiner Stelle das Amt zu übernehmen. Doch auch diese Pläne schlugen fehl und Robert wurde gefangen gesetzt. Erst 1371 kam er wieder frei und wurde durch den unerwarteten Tod König Davids im Alter von 55 Jahren doch noch zum König von Schottland. Obwohl er als äußerst beliebt galt, war er kein besonders großer König, hatte aber durch zahlreiche legitime und noch mehr illegitime Kinder genug Verbindung durch Hochzeit knüpfen können, um seinen Nachfolgern eine lange Herrschaft zu garantieren.