In der letzten Ausgabe des Nordparkechos schrieb ich an dieser Stelle von problematischen Straßennamen in der Barmer Nordstadt und in Wichlinghausen. Doch nicht alle Straßen, die nach Personen benannt sind, sind problematisch. In diesem Artikel möchte ich ein paar Beispiele für solche Straßennamen aufzeigen.
Südlich des Wichlinghauser Marktes, dort wo die Rubens-Apotheke steht, beginnt die Voswinckelstraße. Benannt wurde diese Straße erst 1927, zuvor war sie Teil der Sonnabendstraße gewesen. Anlass für die Umbenennung war der plötzliche Tod des Arztes, Stadtverordneten und Vorsitzenden des Nordstädter Bürgervereins Barmen Friedrich Voswinckel, dessen Verdienst es war, den NBV nach dem Ende des Krieges aus dem Dornröschenschlaf zu wecken. Zudem war er 19 Jahre im Rat der Stadt Wuppertal tätig.
Folgt man der Straße findet sich an ihrem Ende die Collenbuschstraße. Samuel Collenbusch wurde 1724 geboren und starb 1803. Er war der Sohn eines Wichlinghauser Kaufmanns und frommer Pietist, der eine ganz eigene Theologie entwickelte, die zu seiner Zeit und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ganz Deutschland sehr einflussreich war. Die Straße wurde 1881 eingeweiht, weil man vermutete, dass sich dort ein Gut befand, dass seinem Vater gehörte. Nachweislich befand sich dieses Gut aber wesentlich näher am Wichlinghauser Markt.
Folgt man der Sonnabendstraße weiter Richtung Süden biegt sie nach ein paar hundert Metern links in die Elbersstraße ein. Dieser Abschnitt der Straße existiert erst seit 1915 als er durch eine Wohngenossenschaft bewohnbar gemacht wurde. Die urspründliche Elbersstraße führte nur von der Wichlinghauser Straße zur Sodastraße und wurde 1898 nach dem Barmer Fabrikanten Ludwig Elbers benannt. Dessen Familie hatte Verbindungen nach Hagen und war seit dem 18. Jahrhundert in Wichlinghausen, vor allem Am Diek, wohnhaft. Ludwig Elbers übte viele ehrenamtliche Tätigkeiten. Einem breiten Publikum war er als Berichterstatter und Kritiker von Konzertveranstaltungen in Barmen bekannt.
Von der Elbersstraße gelangt man schnell auf die Nordbahntrasse, die auch einen ganz anderen Namen hat: Dr.-Werner-Jackstädt-Weg. Jackstädt wurde 1925 in Elberfeld als Sohn eines Papierhändlers geboren. In den 1950er Jahren löste er die Firma seines Vaters auf und gründete eine Firma zur Produktion von selbstklebenden Postkarten und Folien. Die Firma wurde 2002 an ein amerikanisches Unternehmen verkauft und Jackstädt, der ohne Erbe war, nutzte sein Geld, um die Jackstädt-Stiftung zu gründen. Diese war als Sponsor maßgeblich am Umbau der Nordbahntrasse beteiligt und fördert im Stadtgebiet Wuppertals Kultur und Soziales Engagement. Die Stadt Wuppertal beschloss 2014 aufgrund der Verdienste von Jackstädt die Nordbahntrasse offiziell nach ihm zu benennen.
Wer sich auf die Spuren der Straßenpatronate begeben mag, folgt dem Jackstädt-Weg Richtung Barmener Innenstadt. Auf Höhe des nicht mehr existenten Bahnhofs Heubruch kann man von der Trasse auf die August-Mittelsten-Scheid-Straße abbiegen, die nördlich des Vorwerk-Geländes verläuft. Diesen Namen trägt die Straße erst seit 1951, der Namenspatron lebte zu diesem Zeitpunkt sogar noch, verstarb er doch erst 1955. August Mittelsten-Scheid stammte aus dem Wichlinghauser Zweig der Familie und hatte durch die Heirat mit Mathilde Vorwerk die Möglichkeit, in die Firma seines Schwiegervaters einzusteigen, die er seit 1907 beständig erweiterte und reformierte. Daneben war er auch in der Handeslkammer Barmen und bei den Bergischen Arbeitgeberverbänden aktiv.
Die August-Mittelsten-Scheid-Straße gen Osten mündet in die Wuppermannstraße. Die Familile Wuppermann gehört zu den ältesten Barmer Familien, deren Spuren man bis in das Mittelalter zurückverfolgen kann. Die heutige Wuppermannstraße bildete den nördlichen Teil einer riesigen Parkanlage, die am Mühlenweg begann und über den Hof Zur Scheuren, der das Zentrum des Parks bildete, weiterging. Noch heute kann man die Größe und Pracht des Parks erahnen, wenn man an der Haltestelle Mühlenweg nach oben schaut, steht man genau vor dem Standort des ehemaligen Parks, der einer der Höhepunkte jedes Ausflugs in das Wuppertal des 18. Jahrhunderts bildete. Errichtet wurde er von Peter Engelbert Wuppermann (1707-1779). Andere Teile der Familie wohnten Am Diek. Benannt wurde die Straße 1881, als die Parkanlage schon ein paar Jahrzehnte parzelliert worden war. Bei den Bombenangriffen 1943 wurde das Gebäude des Hofes zerstört.
Wer von hier aus der Westkotter Straße folgt, findet einige hundert Meter weiter nördlich auf der rechten Seite die Lentzestraße. Sie ist seit 1922 benannt nach dem vierten Barmer Oberbürgermeister August Lentze, der von 1899 bis 1906 regierte und unter dessen Leitung in diesen sieben Jahren die Kanalisation fertiggestellt , die Müllabfuhr und Straßenreinigung organisiert, die Wasserversorgung, die Straßenbeleuchtung und die Asphaltierung der Straßen errichtet wurde. Außerdem konnte er zahlreiche weiterführende Schulen und Lehranstalten einweihen. Beim Anlagen 1879 war die Straße recht kurz und mündete dort in die Fatlohstraße, heute Eintrachtstraße, wo heute die Helene-Stöcker-Schule steht. Bevor Lentze der Patron der Straße wurde, hieß die Straße auch Fatloher Schulstraße, denn die Schule steht dort seit 1877. Seit 1901 reicht die Lentzestraße bis zur Freudenbergstraße, die heute Rathenaustraße heißt. Hinter diesem Namen verbirgt sich der ehemalige deutsche Außenminister Wather Rathenau, der 1922 ermordet wurde. Bevor sie 1947 nach diesem Politiker benannt wurde, hieß sie Lietzmannstraße, nach einem preußischen General und 1935 wollte man sie nach Paul Hartmann, dem ersten Wuppertaler Oberbürgermeister benennen, doch diese Umbenennung wurde nicht wirksam.
Am südlichen Ende dieser Straße findet sich auf der rechten Seite abschließend der Walter-Posth-Platz. Walter Posth war Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Wichlinghausen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und war für sein äußerst charismatisches Auftreten bekannt. Ab 1954 wirkte er als Landesjugendpfarrer der Rheinischen Landeskirche. Die kleine Grünfläche wurde im Jahr 2000 nach ihm benannt.