Was vom Namen blieb – Eine kleine Spurensuche zur Familie Schnickmann in Rostock

Die Stadt Rostock ist reich an alten Namen. Manche klingen vertraut, andere fremd und vergangen – wie ein Echo aus Zeiten, die uns nur noch in Fragmenten erreichen. Einer dieser Namen ist Schnickmann. Er steht heute an einer Straße im Zentrum. Früher bezeichnete er auch ein Tor der Stadt. Doch wer war die Familie Schnickmann, deren Name sich so dauerhaft in das Stadtbild eingeschrieben hat?

Die Antwort ist erstaunlich vage. In einem genealogischen Werk zur Geschichte der Hansestadt Rostock, das zahlreiche Familien zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert verzeichnet, wird die Familie Schnickmann nicht erwähnt – obwohl die nach ihr benannte Straße dort mehrfach aufgeführt ist. Das legt nahe, dass sie nicht zur bedeutenden Führungsschicht der Stadt gehörte. Wäre Näheres über sie bekannt, hätte sie in einem solchen Werk wohl zumindest als Randnotiz oder Fußnote Berücksichtigung gefunden – gerade angesichts der Häufigkeit, mit der ihre Straße genannt wird.

Auch in der städtischen Überlieferung ist wenig überliefert. Ein Buch über die Straßen Rostocks vermerkt immerhin, dass niemals ein Mitglied der Familie im Stadtrat saß – ein weiterer Hinweis auf ihre begrenzte politische Rolle. Ihr Name hingegen ist überliefert: Schnickmann geht auf das niederdeutsche Wort für den Führer eines kleinen Bootes zurück – ein Hinweis auf einen maritimen Ursprung der Familie. Man darf vermuten, dass sie aus einem schifffahrtsnahen Milieu stammte, vielleicht aus einem Dorf an der Küste, und sich irgendwann vor dem 13. Jahrhundert in der Nähe des damaligen Rostock niederließ. Dort bewirtschaftete sie offenbar einen Hof auf dem Gebiet der späteren Stadt, möglicherweise mit direktem Bezug zur Warnow oder zur See.

Als Rostock nach dem Stadtbrand von 1252 massiv erweitert wurde, wurde dieser Hof aufgegeben. An seiner Stelle entstand ein neuer Straßenzug – die Schnickmannstraße. Auch das benachbarte Schnickmanntor trug denselben Namen. Ob Straße und Tor unabhängig voneinander benannt wurden oder ob das eine aus dem anderen hervorging, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Beide Namen aber verweisen auf einen Hof, der im Zuge der Stadterweiterung verschwunden ist – und auf eine Familie, die damit im Stadtbild Spuren hinterließ.

Das Schnickmanntor war ein Zugang zum Wasser, mit vorgelagerter Landungsbrücke. Es wurde im Zuge der Entfestigung Rostocks nach den Befreiungskriegen abgerissen. Von der Stadtmauer sind heute nur noch wenige Reste erhalten – der Name aber blieb.

Die Schnickmanns sind damit ein Beispiel für ein typisches Phänomen städtischer Erinnerung: Ein Name bleibt, obwohl seine Träger weitgehend vergessen sind. Mitunter wird aus der bloßen Tatsache, dass eine Straße nach einer Familie benannt ist, auf deren Bedeutung geschlossen. Doch das kann trügen. Die Schnickmannstraße gehört zu jenen alten Rostocker Straßen, die nach Familien benannt wurden – so wie die Kröpeliner oder die Wokrenter Straße. Doch anders als bei diesen lässt sich bei den Schnickmanns kein patrizisches Wirken belegen.

Was vom Namen blieb, ist ein stilles Stück Erinnerung. Kein Ruhm, keine Ratschronik – nur ein Hof, längst verschwunden, und ein Straßenname, der geblieben ist.

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